Wulfbachquellhöhle

 

 

 

 

 

 

Hinweis

Seit einem tödlichen Tauchunfall im Jahr 2000 gilt die Polizeiverordnung der Stadt Mühlheim a.d. Donau. Tachgänge sind seitdem nur mit offizieller Genehmigung erlaubt


 

 

 

Nördlich von Mühlheim a.d.Donau liegt am Rand des Donautales die Wulfbachquelle, deren Schüttung einst für den Betrieb mehrerer Mühlen ausreichte und die somit der Stadt Mühlheim zu ihrem Namen verhalf. Auch heute noch wird das Wasser zum Betrieb eines Sägewerkes genutzt. Steht man am kleinen Höhleneingang und beobachtet das aus dem Gestein hevorquellende Wasser, will man kaum glauben, dass sich dahinter die mit 6.500 m zur Zeit 2. längste Höhle der Schwäbischen Alb befindet. Die Wulfbachquellhöhle wurde im Oktober 2008 durch das Blauhöhlensystem von Platz 1. der längsten Höhlen in Baden-Württemberg verdrängt.

 

Ganz grob läßt sich die Höhle in zwei Teile gliedern. Im vorderen, kleinräumigen Bereich bis zur Pausenhalle bei 1.000 Meter Distanz sind hauptsächlich wassererfüllte Siphonstrecken mit einer gesamten Tauchlänge von 560 Metern zu passieren. Danach führt ein meist kastenförmig profilierter, etwa 5 mal 5 Meter großer Gang nach Norden, der von großen Versturzhallen unterbrochen wird und am Boden vom Höhlenbach durchflossen ist. 

 

Ich selbst forsche seit dem Jahr 1991 aktiv in der Wulfbachquellhöhle. Als Projektleiter koordiniere ich die Forschungsaktivitäten für die Höhlenforschungsgruppe Ostalb-Kirchheim e.V. (HFGOK)

 

Forschungsgeschichte

 

 

1879 

Erste Erwähnung der "Quelle der Wulf" in der Oberamtsbeschreibung Tuttlingen

 

1915

Der Nürtinger Geologieprofessor Karl Löffler erkennt in seinem Aufsatz über "Die Formen der Schwäbischen Alb" erstmal eine Höhle hinter dem Quellaustritt

 

1957 

Die Höhlenforscher Walter Eisele und Friedrich Bänisch untersuchen erstmals die Quelle

 

1958-1959

Eisele und Bänisch graben am Quellaustritt. Es gelingt 20 m weit in die Höhle vorzudringen. Erste Tauchversuche im April 1959

 

1961-1962

Jochen Hasenmayer dringt bis zur Mühlheimer Halle vor und erkundet 350 Meter der Höhle

 

1984

Axel Gnädnger taucht in der Höhle, überwindet eine schwierige Engstelle und dringt im Alleingang bis zum "Gnädinger-Versturz" bei 1.160 m vor

 

seit 1991

Rainer Straub und Franz Kerner (HFGK) beginnen mit der Vermessung und Erforschung der Höhle

 

Markus Schafheutle vermisst 1992 rund 600 m weit ebenfalls im Alleingang .

 

In den Folgejahren erforscht die Höhlenforschungsgruppe Ostalb-Kirchheim e.V. (HFGOK) die Höhle bis zum heutigen Stand von rund 6,5 km.- Die Forschungen dauern noch an!

 

 

 

In der  Wulfbachquellhöhle - Ein Gang durch die Höhle

 

Die kurze Kriechstelle am Eingang, die in vielen Zeiten einen kleinen Luftspalt bietet, ist nur durch eine herabhängende Deckenkulisse bedingt. Sie leitet in einen geradlinigen Quellstollen, der in den 12 m langen Siphon 1 übergeht. In einem rauschenden Wasserfall, der bei Hochwasser eine beträchtliche Turbulenz entwickelt, steigt man über Versturzbrocken in die „Ammonitenhalle“ auf. Zwischen Wand und Bodenversturz befindet sich hier ein Schacht, durch den man unter Wasser in den 39 m langen Siphon 2 einsteigt. Nach Passieren einer Luftglocke mündet der Siphon in einem Kastengang in den 130 m langen Siphon 3. Nach zwei Gangknicken durchläuft der Siphon eine Schwammzone und ändert seine eintönige Kastenform kurzfristig in rundliche Profile. Auch Bodenkolke finden sich hier. Der Ausstieg aus dem Siphon in die „Mühlheimer Halle“ wird durch einen sperrenden Felsblock erschwert. Über Versturzblöcke steigt man empor in die Halle. Im hinteren Teil hat sich der episodische Bachlauf tief in die lehmverbackene Kiesfüllung eingegraben. Je nach Wasserstand fließt hier der Höhlenbach.

 

Eine Lehmbank und eine sperrende Deckenplatte markieren den Einstieg in den Siphon 4, der auf 6 m Wassertiefe hinabführt. Nach 42 m trifft er auf eine Versturzfront, die lange Jahre das Ende der Höhle darstellte. Ein vertikaler Durchstieg, der unter Wasser beginnt, führt mit zwei extremen Engstellen in eine überlagernde lufterfüllte Kammer („Ohropax“). Dieser ist nur mit abgelegtem Gerät zu durchtauchen und daher extrem gefährlich. Hier kam es im Jahr 2000 zu einem tödlichen Höhlentauchunfall eines unerfahrenen Tauchers, der versucht hatte diese schwierige Stelle mit unzulänglicher Ausrüstung zu überwinden. Am Ende der Kammer taucht man jenseits des Versturzes in den Siphon 5 hinab, der nach 240 m in die bachdurchflossene Kolbinger Halle mündet. Im folgenden Siphon 6 fühlt sich der Taucher, eingeklemmt zwischen dem plattigen Bodenversturz und der ebenen Decke, wie der Belag eines überdimensionalen Sandwichs. Die Schachbretthalle wird erreicht, bevor der 26 m lange Siphon 7 beginnt. Hinter dem Siphon 7 am Beginn der Zweistromhalle leitet links der stark verlehmte Siphon 8 nach 30 m in die „Schienbeinstrecke“, einem Kastengang, dessen Großräumigkeit zwar aufrechtes Gehen erlaubt, der aber durch die unter Wasser liegenden Versturzblöcke das Vorwärtskommen erschwert. Nach den Siphonen 9 und 10 markiert die Pausenhalle das Ende der kleinräumigen, wassererfüllten Eingangszone und den Beginn offener Bachstrecken. Hier bleibt die Taucherausrüstung zurück.

 

Nach mehreren Metern wird der Gnädingerversturz in 1.100 Meter Distanz zum Eingang erreicht, der für lange Jahre das Höhlenende bildete. Hier gelang Rainer Straub & Andreas Kücha im Mai 1995 der Durchbruch und der Durchstieg in die Heuberghalle. Sanft über Versturz absteigend erreicht man wieder das Bachbett. Der Gang ist nun durchschnittlich 5 m breit, 4 m hoch und kastenförmig profiliert. Bei 1.300 m in die beeindruckende „Peter-Mose-Galerie“ (H 14, B 16, L 50 m) erreicht. Der 11. Siphon (Kirchheimer Siphon), den wir frei durchtauchen, stört bei 1.520 m die anstrengende Höhlewanderung. Nach der „Jetzt-geht´s erst-richtig-los-Halle“ beginnt der streng nordgerichtete Gang kurz zu mäandrieren („Doppel-S-Schleife“) und bildet eine schmale Klamm mit rauschendem Bach und Bodenkolken („Bobbahn“). In der „Weißen Allee“ trifft man auf die einzigen Deckentropfsteine in der Höhle bevor man 2.460 m vom Engang entfernt den „Kücha-Geiger-Versturz“ erreicht. Es folgt der Durchstieg hinauf in die Marmite-Halle. Hinter dem stauenden Versturz des Marmite weist der Boden des Hauptganges eine tiefe Lehmfüllung auf, in die sich der Bach V-förmig eingeschnitten hat. Die Biwakhalle wird erreicht. Hier wurde in den Jahren bis 1995 auf einer lehmigen Fläche biwakiert. Dieses Biwak wurde jedoch wegen Hochwasser und den neuen Entdeckungen in den Folgejahren tiefer in die Höhle verlegt. 

 

Nach dem man eine Zone von Verbruchhallen („Raffzahnhalle“, „Aquarena“) durchstiegen hat wird bei 2.910 m mit dem „Wubadrom“ der größte Höhleraum erreicht. A. Kücha und Siegfied Geiger entdeckten diesen gewaltigen Höhlenraum am 24.6.1995 in einer 8-stündingen Tour im Rahmen eines einwöchigen Foschungslagers. Sie ist mit 38 m Höhe, 21 m Breite und 86 m Länge einer der größten Hohlräume in Deutschland. Ein riesiger Versturzkegel, überspannt von einer gewaltigen Kuppeldecke, muss überstiegen werden. Hier befindet sich auch das Biwak der HFGOK für die oft tagelangen Vermessungs und Forschungstouren.

 

Hinter dem Riesenraum des Wubadroms sind „Kochtopfhalle“ und „Endspurthalle“ weitere Verbruchräume auf dem Weg zum „Endversturz ´95“ bei 3.430 Meter. Dieser Versturz bildete 1995 das Höhlenende. Im Endversturz 95 mündet ein ergrabener und labiler Durchstieg nach oben in den Bodenversturz der „Freundschaftshalle“. Hinter dem stauenden Versturz der Halle, befindet sich ein Halbsiphon - eine Stelle, die bei Normalwasserstand einen etwa 20 Zentimeter Luftspalt bietet und auf dem Rücken liegend passiert werden kann. Nach den bisherigen großräumigen Strecken des Hauptgangs wurde diese Stelle  „Skandal“ getauft. Es folgt die „A5“ ein geräumiger Kastengang der für den Skandal entschädigt.  3.830 Meter vom Eingang enfernt, erreicht man mit der „Drei-Königs-Hallle“ eine Gangteilung. Hier haben Haupt- und Nebengang etwa die gleiche Dimension. Der große wasserführende „Lehmtunnel“ endet jedoch nach 260 Meter an einem massiven Mergelverbruch. Im Hauptgang passiert man nach Norden eine große Verbruchhalle („Palast der schönen Wuba“).

 

Dahinter verkleinert sich der Hauptgang etwas und erreicht nach einigen Biegungen bei 4210 Meter den lehmverbackenen „Hahnenbergversturz“ unter der gleichnamigen Bergkuppe zwischen Kolbingen und Renquishausen. Alle bisherigen Grabungsversuche an diesem Versturz scheiterten. Der Hauptgang setzt sich mit einiger Sicherheit hinter dem Versturz weiter fort, entquillt ihm doch etwa die Hälfte der Wassermenge des Höhleneingangs.

 

Der andere Wasseranteil fließt aus dem 90 Meter vor dem  Hahnenberg-versturz einmündenden „Sologang“, den A. Kücha im Alleingang bis zum engen 13. Siphon erforscht hat. 50 Meter hinter dem Siphon 13 wird der Gang am nördlichsten erreichbaren Punkt der Höhle ebenfalls durch einen massiven Versturz verschlossen.

 

Berücksichtigt man alle vermessenen Gangstrecken einschließlich der Seitenteile, die hier nicht vorgestellt werden, weist die Wulfbachquellhöhle derzeit ein Länge von rund 6.500 Meter (Stand 12/2008) auf.

 

 

Herbert Jantschke und Rainer Straub

 

Für detailliertere Informationen erlaube ich mir auf unser Buch Die längste Höhle der Schwäbischen Alb hinzuweisen. Wenngleich auch die Wulfbachquellhöhle von Platz 1 in Baden-Württemberg verdrängt wurde (Blauhöhlensystem), so enthält das Buch neben spannenden Forschungs- und Erlebnisberichten der Jahre 1991-1998 viele Bilder, Skizzen und einen Übersichtsplan der Höhle.

 

 

 

Die Wulfbach Fotogalerie gibt einen Überblick über die Gangformern und die Forschungen in der Wulfbachquellhöhle.

 

Sicherheitsempfehlungenzum Tauchen in der Wulfbachquellhöhle

 

Presseberichte zum tödlichen Tauchunfall im Mai 2000


Homepage und Polizeiverordnung der Stadt Mühlhem a.d. Donau

 

Hinweis: Seit einem tödlichen Tauchunfall im Jahr 2000 gilt die Polizeiverordnung der Stadt Mühlheim a.d. Donau. Tachgänge sind seitdem nur mit offizieller Genehmigung erlaubt


 

 

 

 

 


 

© R. Straub - Alle Rechte vorbehalten